„Die Leichen im Firmenkeller – was wirklich hinter so manchem Geschäftsführerwechsel steckt“
Tatort Forderungsmanagement – Wenn der Geschäftsführer plötzlich ein Bestatter ist
Im Inkasso-Alltag begegnen wir vielen Geschichten – manche banal, andere fast schon kriminell. Aber in letzter Zeit häufen sich Fälle, bei denen man sich fragt: Ist das noch ein Geschäftsmodell – oder schon organisierter Betrug?
Besonders bei größeren Forderungen – häufig in der Bau- oder Dienstleistungsbranche – zeigt sich ein immer ähnliches Muster: Ein Unternehmen wird gezielt in die Zahlungsunfähigkeit getrieben, dann wird ein sogenannter „Bestatter“ als Geschäftsführer eingesetzt. Die eigentlichen Drahtzieher verschwinden im Hintergrund – oft mit dem letzten Rest Firmenvermögen in der Tasche.
Letzte Woche wieder so ein Fall.
Wir wollten für unser Geschäftshaus eine Wärmepumpe beauftragen. Projektvolumen: deutlich im sechsstelligen Bereich. Nach intensiver Abstimmung und einer Pauschalpreisvereinbarung erschien aber nicht der aktuelle Geschäftsführer – sondern plötzlich der ehemalige, der „offiziell“ seit Monaten nichts mehr mit der Firma zu tun hatte.
Warum er trotzdem das Geschäft abwickeln wollte? Ganz einfach: Er hatte inzwischen eine neue Firma gegründet und versuchte nun, den Auftrag unter diesem neuen Mantel an sich zu ziehen. Angeblich sei die Industrie mit seiner neuen Firma „besser vernetzt“.
Was für ein Bullshit.
Tatsächlich ging es darum, den Auftrag an der zahlungsunfähigen Alt-Firma vorbeizuschleusen – und damit Gläubiger wie uns gezielt zu schädigen.
Der BGH hat dazu kürzlich ein deutliches Urteil gefällt
Wer als faktischer Geschäftsführer auftritt, um ein Unternehmen auszuschlachten, kann sich wegen Insolvenzstraftaten nach § 283 StGB strafbar machen.
(BGH, 27.02.2025, 5 StR 287/24)
In unserem Fall hatte ein Hintermann gleich mehrere angeschlagene Unternehmen übernommen – und Stroh-Geschäftsführer eingesetzt, die das letzte Firmenvermögen „umleiteten“. Das Landgericht sah nur Beihilfe. Der BGH: Täterschaft. Richtig so.
Was bedeutet das für Gläubiger?
Wer in solchen Konstrukten der wahre Lenker ist – also faktischer Geschäftsführer – haftet nicht nur strafrechtlich. Auch zivilrechtlich besteht ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 283 StGB.
Wenn sich das Vermögen oder die Gewinne dieser Hintermänner ermitteln lassen – etwa durch Kontobewegungen, Firmenverflechtungen oder Immobilien – können Gläubiger handeln. Und auch Insolvenzverwalter sollten diese Anspruchsgrundlage aktiv nutzen, statt nur abzuwickeln.
Fazit:
Wer heute eine Forderung eintreibt, braucht mehr als Mahnbescheide. Er braucht detektivisches Gespür, ein gutes Netzwerk – und manchmal starke Nerven. Denn die wahren Gegner tragen nicht immer Anzüge. Manchmal tragen sie das Schild „Geschäftsführer“ – und meinen eigentlich: Firmenbestatter.

